Das Jahr 2003
„Nur nicht aufgeben!“

Als für uns feststand, dass wir uns von meiner Stuten trennen würden, ging natürlich die Suche nach einem neuen Pferd los. Mir schwebte ein Dressurpferd vor (durch meine ehemalige Stute hatte ich nur noch Angst vorm Springen) aber hauptsächlich sollte er/sie einfach nur tot brav sein. Mehr wollte ich nicht. Wir waren fast 3 Monate unterwegs um Pferde auszuprobieren, ohne wirklichen Erfolg. Die meisten Pferde waren zu teuer oder sie entsprachen nicht unseren Vorstellungen (zu hektisch, zu klein, zu groß, zu alt, zu jung, usw.)

16 Pferde bin ich Probe geritten, es hat einfach nichts gepasst.

Ich war mit meinen Nerven am Ende, hatte keine Lust mehr. Ich hab mir nur gedacht „Verkaufen wir Genette und gut. Ich habe einfach keine Lust mehr auf reiten, Pferde usw.“ Die Einzigen, die nicht aufgegeben haben, waren meine Eltern. Und dafür bin ich ihnen heute sehr dankbar!!

 Es war der 04.01.2003, als meine Mutter aus Frust die Zeitschrift „Pferde-Anzeiger“ beim MiniMal (heute REWE) gekauft hat. Ich war schon fast genervt davon, dass sie wieder mit so einem Heft ankommt, keine Lust mehr gehabt um nach Pferden zu schauen.

Dann wurde meine Mutter auf einen Händler in Mainz aufmerksam, der dort einige Pferde inseriert hatte. Sie hat mich fast dazu gezwungen, mir die Pferde in der Zeitschrift anzuschauen. Mein Augenmerk viel auf einen 4 Jährigen Esprit Nachkommen, ja gut, den wollte ich dann gerne ausprobieren. Habe noch die anderen angeschaut, Rubi’s Anzeige viel mir nicht so auf, weil mir das Pferd auf dem Foto nicht gleich zugesagt hat. Erst auf den Text hin habe ich gesagt, wenn man schon mal hinfährt kann man sich auch den mal anschauen.

 

Das ist seine Verkaufsanzeige und wie ihr seht, ein Fuchs
 

Gesagt getan, meine Mutter rief dort an und machte einen Termin für den nächsten Tag aus. Waren eigentlich überrascht, weil dies ein Sonntag war, aber der Herr am Telefon klang ganz freundlich.

 Am 05.01.2003 war es soweit, wir machten uns auf den Weg. Zuerst zeigten sie mir einen 11 Jährigen Fuchswallach, dann den Esprit-Nachkommen. Beim Vorbeigehen an der Halle meinte der Händler „Ach ja, den haben wir auch noch“ und zeigte in die Halle. Ich sah Rubi nur von hinten, ein dünnes Gestell. Neben ihm ein genauso dünnes Mädchen, dass ihn longieren wollte. „Ja, kann ich ja dann auch mal probieren“ war meine Aussage.

 Als erstes kam der 11 Jährige dran. Nettes Pferd, knapp 1,62 m groß aber ein ganz schöner Bulle. Auf ihm sah ich aus wie ein Strich in der Landschaft. Ne, der war wirklich nichts für mich.

 Joa, und dann wurde Rubi gesattelt in die Halle gebracht. Vorne hatte er etwas mitgenommene weiße Gamaschen drauf, ein Springsattel mit speckiger Schabracke auf dem Rücken und eine alte Trense zierten das Pferd. Ich sah ihn diesmal bewusst von vorne und war etwas erstaunt. Als ich in seine Kulleraugen sah, war ich auf einmal ziemlich angetan von dem 7 Jährigen. Dann wurde er mir vorgeritten, viel her machte er eigentlich nicht wirklich. Also, dann ich rauf in den Sattel des 1,72 cm großen Wallachs. Erst mal schön Schritt geritten und sich auf den etwas magerem Gestell zurechtgerückt. Dann angetrabt, der Versuch ihn an den Zügel zu reiten gelang zuerst nicht wirklich. Wenn er durchs Genick lief, dann ziemlich eng. Aussitzen, upps, das ging erst mal nicht. Konnte den Herrn zuerst nicht wirklich sitzen Dann der Versuch anzugaloppieren. Bein zurück: Nichts… Bein wieder zurück, innen mehr Druck gemacht: Nichts…. Auf wildes Quetschen galoppierte er dann mal drei Sprünge, zack wieder ausgefallen. Er reagierte so gar nicht auf die Galopphilfen. Mhm… Mir wurde klar, dass die Verkaufsanzeige nicht wirklich stimmte. Dieses Pferd konnte nicht wirklich eine A-Dressur noch eine L-Dressur gehen. Aber trotzdem sagte mir mein Gefühl

„Der ist es!!!“. Den anderen wollte ich gar nicht mehr reiten. Ich war auf einmal vernarrt in dieses Pferd.

 Ich frage das Mädel das ihn eigentlich longieren wollte, wie das Pferd heißen würde. Sie sagte: „Rudi“ Oh je, wer nennt den ein Pferd RUDI??? Mir wurde erklärt, dass er keinen Namen habe. In der Box, wo er zu dem Zeitpunkt stand, hang noch das Namensschild vom vorherigen Pferd, dies hieß eben „Rudi“ und so wurde er dann auch so genannt.

 Naja, wir setzten uns noch mal mit Herr Müller zusammen und vereinbarten einen Termin für den folgenden Tag zum zweiten Probereiten.

 

 

Am 06.01.2003 fuhren wir ein zweites Mal hin. Uiii, der Weg kam mir unendlich lang vor. Dort angekommen holte ich ihn aus der Box. Wie hatten ausgemacht, dass ich ihn heute selber fertig machen kann. Beim Öffnen der Box liefen erst mal fünf Mäuse in die Ecken. Ich habe nichts gegen Mäuse, aber nicht in der Menge. Rubi stand in einer ziemlich dunklen Box, in einem kleinen 4er Stall. Ich schrubbte ihn mal richtig, was er auch sichtlich genoss.

Fertig gemacht ging es in die Halle, reiten war ein bisschen viel besser als am Tag vorher, galoppieren ging wieder nicht so wirklich… Im Grunde genommen konnte dieses Pferd Schritt und Trab gerade aus und auf dem Zirkel reiten. Das war's… Ich brachte ihn weg und schaute noch mal in seine Kulleraugen und ich wusste : „Den will ich“.

 Wir machten alles klar und am 07.01.2003 holten wir ihn dort ab, fuhren zum TA und machten eine riesen, riesen, riesen AKU die aber super ausfiel. Joa, und nachmittags stand er nun da, in seiner neuen Box in Sulzbach.

 

“Aus Frust eine Verkaufszeitschrift gekauft und das Traumpferd gefunden.“

 Hier sieht man noch, wie schmächtig er war:

Ja, da stand nun „Rudi“. Rudi? Nein den Namen konnte er definitiv nicht behalten. In seinem Pferdepass stand mit Bleistift „Ramondo“ eingetragen. Wir haben einen ähnlichen Namen gesucht, damit er sich nicht total umgewöhnen musste. So kamen wir dann auf "Rubi". Dann ging das Überlegen für den "offiziellen" Namen los, da man ja "Ramondo" nicht "Rubi" rufen konnte. Ich wollte schon unbedingt was mit "Rubin" haben, denn er ist ja im Entfernten mit Rubinstein verwand. Seinen jetzigen Namen hat er letztendlich einem kleinen Jack-Russel zu verdanken, den es bei uns am Stall gab. Er hieß "Robin" wurde aber häufig "Robinio" gerufen. Ich fand diesen Namen einfach genial und so entstand "Rubinio". Der Zusatz Buchstabe "B" steht für meinen Nachnamen.

 Nachdem das Problem mit dem Namen gelöst war, standen immer noch viele weitere Probleme an. Rubi war am Anfang nicht sehr kooperativ, schlug viel mit dem Kopf beim Reiten und lief, wenn er am Zügel lief, viel zu eng. Dazu kam, dass er insgesamt sehr ängstlich war, hatte panische Angst vor Männern, Longierpeitschen und hektische Bewegungen. Nur mit viel Geduld habe ich ihn an so Sachen wie Longierpeitschen usw. gewöhnen können. Ein Beispiel für seine panische Angst: Michael Kranz stand vor seiner Box und erzählte uns was, er hob etwas hektisch die Hand und Rubi sprang zurück in die Ecke und fing total an zu zittern.

 Ich entdeckte immer wieder neue Sachen an ihm. Als meine Mama ihm eine Karotte hinhielt, war er sehr skeptisch und man konnte seinem Blick entnehmen, dass er so was wohl nicht wirklich kannte. Auch die ersten Tage auf der Koppel stand er einfach nur rum und begriff erst nach und nach, dass „das grüne Zeug“ ja zum essen da ist.

 Nach und nach wuchsen wir als Team zusammen und er vertraute mir immer ein bisschen mehr. Am Anfang haben mich viele gefragt, was ich den mit so einem Pferd wolle. Einer der nicht mal gescheit galoppieren kann und der immer mit dem Kopf schlägt. In meiner ersten Springstunde wurde mir gesagt, ich solle die „Badewanne“ einpacken und wenigstens versuchen Dressur zu reiten. Und da habe ich mir gedacht: UND JETZT ERST RECHT!!!

 Harte Arbeit lag vor uns. In der Dressur riss ich mich extrem zusammen und trainierte, trainierte, trainierte… Sabine Grimm, meine Reitlehrerin zu der Zeit, motivierte mich immer und gab mir die Hoffnung, dass aus dem wandelnen Klappergestell doch noch ein Pferd werden konnte. Das Wichtigste war erst einmal Kondition aufzubauen, Rubi war nach 10 Minuten reiten schon klitsch nass. Und je mehr Kraft der Rubi bekam, um so mehr hörte das Kopfschlagen aus. Er lernte zu Galoppieren und was es hieß, sich auch ab und an mal selbst zu tragen.

Ich war mutig und habe bei uns am eigenen Turnier eine E-Dressur und die Dressurreiter A genannt. Am 05.04.2003 war es soweit, das erste Turnier mit Rubi. Mensch was war ich aufgeregt. Es war ein Heimspiel, denn bei uns auf der Anlage fand ein offizielles Turnier statt. Am ersten Tag stand die Dressurreiter A an. Abreiten war katastrophal, daran erinnere ich mich noch genau. Dies lag aber nicht am Pferd sondern an mir, weil ich panische Angst bekommen habe und gedacht habe, dass er mich bald in Dreck schmeißt. Diese Erinnerungen an meine alte Stute blieb mir noch einige Zeit im Gedächtnis. Doch in der Prüfung zeigte er mir, dass er wirklich ein ganz braves Pferd ist. Wir bekamen eine 6,4 und wurden noch als 9. platziert. Mensch was war ich stolz! Erstes Turnier, erste Prüfung, gleich eine A und schon platziert!
 

Das wir am nächsten Tag eine 5,1 in der E-Dressur bekamen, joa darüber konnte ich in dem Moment nur lachen.

 

 Mein Springreitlehrer Michael Kranz nahm sich das Problem im Springen an. Rubi konnte die bunten Dinger, die in irgendwelchen Ständern eingehangen waren, nicht zuordnen, rannte einfach blind durch die ersten Sprünge durch. Mein RL schlug die Hände übern Kopf zusammen, das Pferd hatte 7 Jährig wohl noch nie einen Sprung gemacht. Nach und nach lernte er, was das „für bunte Dinger“ sind.
 

Und die harte Arbeit zahlte sich aus! Beim zweiten auswärtigen Turnier wurden wir in der Dressurreiter A mit einer 6.9 dritte. Ich konnte es einfach nicht fassen! Meine erste A-Platzierung auswärts mit meinem Pferd!

 

Rubi lernte und lernte genauso wie ich. So kam es, dass wir bald unser erstes Springen auf Turnieren gingen, einen Springreiter WB. Ich war so was von super stolz, dass ich eine 6,4 bekommen habe! Ein paar Wochen später wurde ich 2. im Springreiter WB. Am 31.08.2003 konnte ich dann ein Stil-E gewinnen. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, was das für mich bedeutet hat! Insgesamt holten wir noch 4 weitere E-Springplatzierungen.

 

Auch die Dressur entwickelte sich von Turnier zu Turnier besser. Ich wurde einmal noch dritte in einer E-Dressur. Das war unsere erste und letzte Schleife aus einer E. Weiterhin gelang es uns sieben weitere Platzierungen in Dressurreiter A’s zu holen. Auch eine Kombinierte Prüfung Kat. C konnten wir gewinnen.

 

Gott was war ich stolz auf meinen Süßen! Erst haben sie alle gelästert, und nun? Daran sieht man, was kontinuierliches und konkretes Training ausmacht. Und dazu kommt noch, dass meine RL Rubi nicht so oft geritten hat. Ich habe gelernt, die Kommentare der anderen zu ignorieren. Weil ich meine, es ist MEIN Pferd und solange ICH doch mit MEINEM Pferd glücklich bin.


Ein besonderes Ereignis wie die Teilnahme am Finale des Dressurchampionat von Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland. Ich bekam einen Brief von der R+V/VTV mit der Einladung, oh man, daran kann ich mich noch genau erinnern Trotz zwei total versemmelten Qualifikationen wurde ich eingeladen. Ich bin diesen Cup in der Klasse A geritten.

Im Finale war ich zwar mit 6,6 nur Reserve, konnte aber einige gute Reiter, teils Kaderreiter hinter mir lassen und konnte mich gesamt von Platz 17 auf Platz 15 vorarbeiten.

 

Im Oktober nahmen wir an einem Vielseitigkeitslehrgang teil. Jaja, Rubi im Busch Aber er hat das echt gut gemacht!!! Es war eine Sichtung zum Förderkader Vielseitigkeit. Ich war aber leider schon zu alt, konnte trotzdem teilnehmen. Sie sagten mir, dass sie mich, wenn ich ihnen eine A-Vielseitigkeits-Platzierung vorweisen kann, sofort in E-Kader aufnehmen würden. Leider habe ich die Vielseitigkeit nicht mehr weiter verfolgt.


Ende 2003 ritten wir dann das erste Mal auf Kandare. Boha, ich bin glaube ich 10 cm gewachsen in dem Moment! Rubi war so klasse und hat so toll mitgemacht!
 

Ja, 2003 war sicher ein aufregendes Jahr.

 

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